Jüdisches Laubhüttenfest in Düsseldorf – Acht Tage in der Sukka
Sie ist ein Provisorium und dient dem Beisammensein, Essen, Lernen und Beten: die Sukka. Zusammengebaut wird die Behausung für das jüdische Laubhüttenfest, das in diesen Tagen gefeiert wird. Zu Besuch in Düsseldorf.
von Leticia Witte
Es weht ein leiser Wind, und der Boden ist noch feucht vom Regen des Vortages. Wenn man nach oben schaut, blitzt der Himmel an manchen Stellen durch das Dach aus strohartigem Material – das eben auch Regen durchlässt. Mit einer Gruppe sitzt Mara Jones auf Holzbänken um einen langen Tisch herum und redet und lacht. An einem anderen Tisch isst ein Mann gerade zu Mittag. Es ist Sukkot, das jüdische Laubhüttenfest. Es dauert noch bis diesen Freitagabend, und bis dahin steht die Sukka, die Hütte mit dem durchlässigen Dach, im Innenhof der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Sie ist mit etwa 7.000 Mitgliedern die drittgrößte jüdische Gemeinde in Deutschland.
“Das ist immer eine schöne Atmosphäre”, sagt die 42-jährige Jones. Während des achttägigen Festes sitzen Leute aus der Gemeinde in der Sukka, reden, essen, feiern, lernen und beten. Das Provisorium besteht aus einem Holzgestell, einem abgeschrägten, luftigen Dach und einem Boden, der an einen künstlichen grünen Rasen erinnert. Zwei Wände ergeben sich aus dem Gemeindehaus und dem Gebäude der Großtagespflege für Kinder. Die beiden anderen Wände bildet das Holzgestell. Freie Flächen sind mit einer Art Leinwand verkleidet. An den Holzbänken und Holztischen haben etwa 150 Menschen Platz.
“Ich bin ein Kind der Gemeinde”, erzählt Jones. “Mit Sukkot verbinde ich vor allem Kindheitserinnerungen. Wir haben viel selber gemacht, dekoriert und gelernt.” Die Assistentin der Gemeinde-Geschäftsführung schmunzelt, denn vor ihr steht eine bunte Miniatur-Sukka. Am Vortag haben sie, andere Eltern und Kinder an einem Aktionstag die Modelle gebastelt. Wegen des Regens mussten sie jedoch in den Gemeindesaal ausweichen. Jetzt sind die Bänke und Tische schon wieder trocken. Am Morgen saß hier der Rabbiner mit einer Gruppe, eine Milchpackung auf einem der Tische ist noch übrig, wie Jones sagt.
Nun ist sie hier mit einigen weiteren Gemeindemitgliedern, darunter Bnaya. Er und seine Frau Achinoam stammen aus Israel und arbeiten jetzt in der Düsseldorfer Gemeinde. Sie haben kürzlich mit einem Graffiti-Künstler einen Workshop auf die Beine gestellt. Mit den Ergebnissen ist die Sukka in diesem Jahr geschmückt: An einer mit einem Vorhang bedeckten Wand hängen drei große Graffitibilder, die etwa Motive aus Jerusalem und der Negev-Wüste in Israel zeigen.
Eine Sukka muss unter freiem Himmel stehen
Jacob, ein weiteres Gemeindemitglied, erzählt, dass er einige wenige Menschen in Düsseldorf kenne, die eine Sukka zuhause hätten. Und Bnaya sagt: “Meine Familie in Israel lebt die ganze Woche in der Sukka.” Er und Achinoam hätten auch gerne eine kleine Hütte auf ihrem Düsseldorfer Balkon gehabt – was nicht geht, weil der Balkon überdacht ist. Denn eine Sukka muss unter freiem Himmel stehen, nachts sollen die Sterne zu sehen sein.
Sukkot ist neben Pessach und Schawuot eines der drei Wallfahrtsfeste im Judentum. Dank und Freude charakterisieren das Fest, das auf den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, den Versöhnungstag, folgt. Sukkot endet zu Simchat Tora, dem Fest der Thora-Freude, das an diesem Wochenende begangen wird. Die Hütten symbolisieren auch die provisorischen Behausungen während der biblischen 40 Jahre dauernden Wüstenwanderung des Volkes Israel nach dem Auszug aus Ägypten.
So sind auch nicht alle Gäste, die man in die Sukka einlädt, von dieser Welt: Mit dabei sind traditionell zum Beispiel Abraham, Jakob, Mose und David – beziehungsweise auch wichtige Frauen aus der Bibel zumindest in liberalen Gemeinden und Häusern. In Düsseldorf sind die biblischen Männer insofern präsent, als dass sie auf Postern an den Wänden mit Symbolen dargestellt sind. Zur weiteren Dekoration zählen künstliches Laub und eine Zitrusfrucht aus Papier: Etrog. Die Frucht bildet mit einem Palmzweig, einem Myrtenzweig und einer Bachweide den Feststrauß, der an den Charakter von Sukkot als Erntefest erinnert.
Natürlich auch in Düsseldorf. Nach dem Ende einer ganzen Reihe von wichtigen jüdischen Feiertagen wird die Sukka wieder abgebaut, sagt Zeev Reichard, Referent für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Bis sie ein Jahr später erneut aufgebaut wird für weitere acht Tage, in denen die Sterne durch die Dachritzen leuchten.
KNA/lwi/cdt
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